Meine erste Kriegstat im großen Völkerringen war Postenschieben an der Wegekreuzung Großenwiehe-Lindewitt. Wir wollten und sollten die Goldautos, die in unseren Köpfen spukten, aufhalten und verhaften. Wie dieser Goldtransport von Frankreich über Schleswig Holstein nach Rußland möglich sein sollte, das wußte niemand. Man glaubte eben, war mächtig begeistert und übertrieb in seiner Begeisterung. „Die Goldautos werden nach Eiderstedt reingedrängt. Da können sie nicht raus”.
Unsere Stimmung pendelte ständig zwischen “Himmelhochjauchzend” und “zu Tode betrübt”. Kommen die Nachrichten von den großen Siegen, dann waren die Herzen froh und hell. Doch hinterher kamen die Todesnachrichten und machten alle Herzen schwer und dunkel.
Eingezogen wurde ich am 26.8.1915. Es ging ins Rekrutendepot 2, I. Ers. Btl. Inf. Regt. Von Manstein, No. 84 in Schleswig. Zu Hause ließ ich meine Frau mit 5 Kindern. Mein Kamerad aus der Heimat war Peter Hansen.
Während Peter Hansen in Kleinwiehe auf Urlaub war, ging mein Transport ins Feld. Am 28.1.1916 ging die Reise nach Frankreich los. Wir wurden vom 30.1.1916 in dem Städtchen Croisilles, südöstlich von Arras, ausgeladen. Hier wurde das Rekruten Depot für die 111. Infanterie Division erstmalig eingerichtet.
Hier verblieben wir vom 1.2.1916 bis zum 4.4.1916 in der 2. Komp. des Rekruten Depots, um die letzte Ausbildung für den Grabenkampf zu bekommen.
Am 4.4.1916 erfolgte unsere Einteilung. Ich kam in meine Feldformation, in die 4. Kompagnie des
Infanterie Regimentes No. 76. Die Stellung, die das Regiment inne hatte, lag vor dem Dorfe Ransart,
Unser Ruhequartier befand sich im Dorfe Ayette. (Wann es dort heißt, so muß man sich, so es sich um Stellungsund nicht Etappendörfer handelt, nur wüste Trümmerhaufen vorstellen; in den heilgebliebenen Kellern dieser Häuser lagen die “Ruhequartiere”). Unser Leben in den Kampfgräben spielte sich genau so ab wie in allen anderen Grabenmetern, von der Nordsee bis an die Alpen: Wacheschieben, Schanzen, Beschuß hin und her, die täglichen Verwundeten und Toten – eben so der Trott des Lebens im Graben.
Hinter unserer Stellung zog sich ein Hohlweg entlang, indem sich Unterstände befanden. Unsere eigentliche Kampfstellung war der Abschnitt F.
Besonders hatten wir in unserem Kampfgraben durch die ständig rutschende Erde zu leiden.
Die zweite Stellung lag in Adinfer. Adinfer war etwa 2½ km (von Kirche zu Kirche gemessen) von Ransart entfernt.
Von hier aus löste die Besatzung der 2. Linie diese der 1. Linie ab.
In dieser Stellung lag unser Regiment in zwei Zeitspannen. In der Zwischenzeit hatte das Regiment eine “Demonstrationsgefechtstätigkeit.
Die Schlacht vor Verdun brannte in hellen Flammen, ja es zehrte wie Feuer am Mark der deutschen Widerstandskraft. Außer den Besorgnissen um den Kampf vor Verdun beengte die Gefahr eines großen englischen Angriffes die deutsche Heeresleitung. Man glaubte diesen Angriff den unnachahmbaren Truppen wohl zutrauen zu können, wenn die Infanterielinien den nötigen Halt in der in der Artillerie bekam.
Leider war Deutschland nicht in der Lage überall, an all seinen Fronten eine starke Artillerielinie zu besitzen. Überall mußte gespart werden – die ganze Angriffskraft fraß zudem die Hölle von Verdun. (Es muß dem späteren Leser, der nicht den Krieg miterlebt hat, immer wieder gesagt werden, daß an einem Tag nicht etwa eine Schlacht, sondern mehrere Schlachten geschlagen wurden: im Westen in Frankreich, im Osten in Rußland, im Süden Rumänien, Serbien, Italien. Im Orient auf Gallipoli, im Heiligen Land, in Mesopotanien, in Afrika in den Kolonien und die Flotte mit ihren Hilfskreuzern auf allen Meeren der Welt. Was der einzelne Mann sah und erlebte ist nicht mehr als ein Bruchstück aus einem ganzen Buch).
Um nun gegen den Angriff der Engländer gerüstet zu sein, wurden in unserem Abschnitt ein Demonstrationsangriff unternommen, um die Angriffsziele des Feindes zu erkennen.
In diese Zeit: 24.6.-7.7.1916 schlägt am 1.7. 1916 der große Angriff an der Somme: nördlich die Engländer, nur bis an die Ancre, nicht bis in unseren Abschnitt, südlich die Franzosen. Hier kämpft nicht das englisch-französische Volk gegen das deutsche Volk. Hier erschlägt die feindliche Weltindustrie den deutschen Menschen. Die deutsche Armee hatte diesem vernichtenden Eisensturm nichts als Menschen entgegen zu setzen. Wo die feindlichen Minen und Granatexplosionen Lücken rissen, das stellten sich deutsche Kompagnien hin, gingen in das Grauen und in den Tod.
Es wurde brenzlig an der Somme. Da bei uns, nach den Demonstrationsgefechten festgestellt, keine Angriffe zu erwarten waren, so ging es füruns Ende August 1916 von Arras aus per Lastauto in den Abschnitt Ginchy-Guillemont-Combles.
Wo wir ausgeladen wurden, kann ich nicht mehr sagen. Unser Marsch ging aber am 22.8. 1916 durch Sailly-Saillisel. Der Ort lag 7 km hinter der Front. Er bekam Frontfeuer. Als wir in den Ort kamen, da stand der Kirchturm noch; als wir am anderen Ende des Ortes ankamen, da lag der Turm zerschossen auf den Straßen.
Unser Regiment wurde zwischen Combles und Guillemont eingesetzt. Von Dörfern und Stellungen war garnicht mehr zu reden.
Die erste Linie bestand aus Geschoßtrichtern, die nur notdürftig miteinander verbunden waren. Der Einsatz eines Regimentes geschah nur nachts, da bei Tage eine Bewegungsmöglichkeit nicht bestand. Feindliches Artilleriefeuer nagelte alles an den Boden.
Wir wurden von wegekundigen Leuten der Stellungstruppen in die Front geführt. Die Ablösung sollte um 12 Uhr sein, aber erst um 2 Uhr waren wir an Ort und Stelle. Warum? Der Führer hatte uns in einen Hohlweg gebracht, wo wir genügend Deckung fanden. Beim Herausspringen schlug uns das feindliche Sperrfeuer in die Flanke. Alles spritzte auseinander. Wir als alte Krieger schlugen uns seitwärts in die Büsche und suchten nach Frontregel Deckung in jedem Mausloch und hinter jedem Maulswurfshügel.
Der am Tage vorher neu angekommene, frische Ersatz, kannte diese Gesetze des Krieges nicht, blieb auf den Deckungen liegen und starb.
Als das Feuer etwas nachließ, sollte es weitergehen. Unser Führer, der uns in die Stellung bringen sollte, war verschwunden. Da krochen wir auf Händen und Knien bis vorne in die Kampflinie, ohne jedes Wissen von Stellung, Freund und Feind.
Unsere Kompagnie trafen wir erst am nächsten Mittag wieder.
Wir, ich und meine Kameraden, lagen am linken Flügel unseres Zuges. Da war ein Granattrichter frei. In diesen wurden wir reingepackt.
Wir wußten nicht was wir machen sollten; wir warteten nur auf den feindlichen Angriff. Wir saßen und warteten und warteten. Unsern Hunger stillten wir mit unseren zwei eisernen Portionen. Wenn sie alle waren, suchten wir in den Tornistern der Gefallenen. Verpflegung konnte nicht in die Trichter gebracht werden. Das Sperrfeuer der Franzosen (nach dem ersten Angriffsstoß der Engländer waren Franzosen Träger der Angriffe geworden, auch nördlich der Somme) hielt alles nieder.
In den ersten Tagen hatten wir gar keinen Angriff. Wir waren nur dazu verurteilt das ununterbrochene Trommelfeuer (für das alle Fabriken der Entente mit Hochdruck arbeiteten) zu ertragen.
Ein kleiner Kalender:
24.8. 1916: Die Franzosen erobern Mourepas
25.8. 1916: Erfolgloser deutscher Gegenangriff gegen Mourepas
26.8. 1916: Schwere englisch-französische Angriffe
Außer diesen Generalangriffen – die Wert schienen im Heeresbericht erwähnt zu werden – hatten wir nach den ersten Tagen und zwischen den großen Angriffen niemals Ruhe. Am linken Flügel werden wir angegriffen.
Zuerst stürmten Negerwellen an – das blanke Messer im Mund. Nachdem diese Angriffswellen im Feuer unserer Artillerie oder der noch heilen MG zusammengebrochen waren, kamen die Weißen: Franzosen wie Engländer.
Drüben war ständige Ablösung, gute Verpflegung, überreichliche Munition. Wir lagen im ständigen Alarm, kalte und ungenügende Verpflegung mit mangelnder Munition.
Jede Nacht kroch eine Schleichpatrouille, 1 Unteroffizier mit 8 Mann, etwa 100 m vor die Stellung. Diese Patrouille lag als Sicherung in den Granattrichtern des “Niemandlands”.
Am 29.8.1916 war ich mit auf Aufklärung- und Sicherungspatrouille. Es lag etwas in der Luft – wir spürten die kommende Gefahr, ohne zu wissen, was uns werden würde. Unser Unteroffizier wurde nervös – und wir krochen eine Strecke zurück, um näher an unserer Linie zu sein und so mehr Rückhalt zu haben.
Mitten in unserer Bewegung griff der Feind an. Wir schossen und warfen Handgranaten. Der Feind kam zum Stehen. Ich bekam einen Schuß, der zwar auf der Helmschiene aufprallte, mir aber eine schwere Kopfverletzung zufügte. Ich mußte zurück. Alleine konnte ich es nicht. Mir wurden zwei Mann beigegeben, die mich zum Hauptverbandsplatz geleiten sollten. Als die aber das feindliche Sperrfeuer zwischen unserer ersten Linie und den Artilleriestellungen und das schwere Störungsfeuer im Hintergelände sahen, wollten sie den schweren Gang durch die Feuerriegel nicht mit mir machen. Erst als sie die Erlaubnis bekamen unten bei den Küchen bleiben zu dürfen, wenn sie mich auf dem Hauptverbandsplatz abgeliefert hätten, willigten sie ein.
Der Hauptverbandsplatz lag in einem Hohlweg. Von diesem Platz, wo ich ordentlich verbunden wurde, kam ich in das Lazarett in Sallÿ.
Ich wurde neu verbunden, ward gewaschen und kam in ein reines Hemd. Ein Auto brachte mich ins Lazarett nach Manancourt. Hier wurde durch eine Operation das feindliche Geschoss aus meinem Schädel entfernt. Es war mir eine Ader abgeschossen worden. Ich hatte viel unter Kopfweh zu leiden.
Und wie ging es unserer Stellung?
Am 3.9. 1916 fiel Guillemont in Feindeshand. Meine Verwundung hatte mich rechtzeitig aus der
Klemme gezogen.
Ich kam von Manancourt ins Lazarett nach Etricourt. Von da kam ich ins Lazarett Orphelinat bei St. Quentin. Ich lag hier nur 2 Tage. Ein Lazarettzug brachte uns Verwundeten aus dem Sommegebiet ins Reserve Lazarett: “Gesellschaftshaus zum alten Fritz” in Potsdam.
Vom Lazarett machten wir als Genesende einen Ausflug in die Orangerie. Wir folgten einer Einladung der deutschen Kaiserin zu einer Kaffeetafel. Ich bekam von der Kaiserin persönlich dieses Bild:
Von Potsdam aus machten wir auch einen Ausflug per Schiff nach Schloss Paretz.
Im Dezember – 25.10. 1916 – 7.1.1917 lag ich schon wieder bei der Ersatztruppe: 6. Kp., I. Ers. Btl. I.R. 76 in Hamburg. Ich wurde g.v., das ist verwendungsfähig im Garnisonsdienst, geschrieben. Aber am 7.1. 1917 gings wieder nach Frankreich zu. Ich kam zu meiner alten Kompagnie im alten Regiment 76 und – landete im – Schützengraben.
Das Regiment lag jetzt einmal südlich der Somme im Winkel von Barleux.
17.1.1917 – 15.3.1917 Stellungskämpfe an der Somme im Winkel bei Barleux.
Wir g.v. Leute wurden nach St. Quentin und anderen Orten kommandiert. Bei unserer Heeresleitung hatte sich die Notwendigkeit herausgestellt, die alte Sommestellung bis zur neuerbauten Siegfriedstellung aufzugeben.
Alberich-Unternehmung. Das dazwischenliegende Land wurde vollständig vernichtet und zerstört. Die Häuser wurden gesprengt, die Obstbäume abgehauen, die Brunnen zugeschüttet und die Straßen aufgerissen. Wir packten in St. Quentin die Häuser als Ausräumungskommando aus. Die Einwohner sollten nach Ostpreußen befördert und dann dort angesiedelt werden. Bei diesen Arbeiten kamen viele Unregelmäßigkeiten vor.
Vom 16.3. 1917 – 7.4. 1917 lagen wir in der neuen Siegfriedstellung. Sie sparte uns durch ihre gradlinige Führung viele Truppen, häufte die Truppen und ließ dem Feind ein vollständig zerstörtes Gebiet zum Anmarsch.
Und wir lagen in sicheren und gutausgebauten, starken Stellungen.
Von St. Quentin kamen wir in die Frühjahrsschlacht bei Arras: 9.4.-1.5. 1917
Dann gings in die Vorfeldkämpfe vor der Siegfriedstellung : 7.5. – 22.5.1917
Flandern forderte auch unser Regiment.
Von Flandern will ich nicht sagen, es sollen an meiner statt die Heeresberichte für alle Flandernkämpfer das Wort haben:
28.7. 1917: Die Artillerieschlacht in Flandern, die un unterbrochen weiter tobt, stellt das Höchstmaß an Massenwirkung in diesem Kriege dar. Bei Boesinghe (Boezinge) und bei Wieltje kommt es bei den Versuchen der Engl. die Sturmreife der deutschen Stellungen zu erkunden, zu erbitterten Kämpfen.
30.7. 1917 Die außergewöhnlich lange Dauer des Artilleriekampfes in Flandern findet ihre Erklärung darin, daß sich die deutsche Gegenwehr der gewaltigen Feuerkraft der Engl. Armee als durchaus ebenbürtig erweist, ja, daß sie ihr sogar eine Erholungspause aufgezwungen hat.
Ein Versuch, die deutschen Küstenbatterien von der Seeseite her zu fassen und zum Schweigen zu bringen, mißlingt.
Bei Het Sas und Wiltje beginnen sich die Brennpunkte der erwarteten Infanterieangriffe zu zeigen.
31.7.1917: Nachdem in der ganzen Nacht vom 30. zum 31.7. das engl. Artilleriefeuer, das nun seit 14 Tagen anhält, mit äußerster Heftigkeit fortgesetzt wurde, geht es morgens 5 Uhr zwischen Steenstrate und der Lys zum stärksten Trommelfeuer über. Eine halbe Stunde später bricht die feindliche Infanterie zum Angriff vor.
Damit beginnt die Schlacht in Flandern, eine der gewaltigsten der bisherigen Kriegszeit. Sie erstreckt sich zunächst auf die 25 km lange Front von Nordschoote bis Warneton. Ihr Ziel ist die Erreichung der flandischen Küste, die den deutschen U-Booten als Stützpunkt dient.
Mit Massen, wie sie während dieses Krieges noch nirgends, nicht einmal vor Brussilow im Osten, eingesetzt worden sind, sucht der Feind sein Ziel zu erreichen. Er wirft Welle auf Welle eng geballter, dicht aufgeschlossener Divisionen, zahlreiche Panzerkraftwagen und Kavallerieverbände gegen die dtsch. Stellungen und führt auch immer neue Batterien und Fliegergeschwader in den Kampf. Im ersten Anlauf gelingt es den feindlichen Massen über die Trichterfelder in unseren Abwehrzone einzudringen und an einzelnen Stellen vorübergehend beträchtlich Raum zu gewinnen. Auf dem Nordflügel gelangen die Franzosen über die Straße Lizerne-Dixmuiden bis nach Bixschoote, das nach wechselvollen Kämpfen in der Hand des Feindes bleibt. Den Hauptstoß führen die Engl. gegen NO von Ypern heraus.
Die Engl. müssen im Sturm der dtsch. Reserven Langmarck und St. Julien herausgeben und gehen hinter den Steenbach. Den Westrand des hartumstrittenen Herenthage Wald halten die deutschen.
Das Ergebnis des ersten Großkampftages, an dem mit unerhörter Leidenschaftlichkeit und mit höchstem Krafteinsatz gefochten wurde, ist für die Feinde somit sehr gering, für die deutschen Verteidiger jedoch ein großer Erfolg.
1.8. 1917: Am Nachmittag, 31.7., beginnt der neue Angriff. Um 2 Uhr setzt von Bixschoote bis an die Lÿs starkes Zerstörungsfeuer ein, das sich von 4 Uhr an gegen den Abschnitt Langemarck-Hollebeke zum Trommelfeuer steigert. ½6 beginnen die Infanteriekämpfe jedoch ohne Franzosen. Besonders heftig wird um Langemarck gerungen. Der Feind muß hinter den Steenbach zurück. Auch bei St. Julien, Freezenberg und Westhoek haben die Engl. keinen Erfolg.
Die Engl. werden überall im Gegenstoß zurück getrieben, an einzelnen Stellen bis über die Ausgangsstellen. Bei Hooge und Hollebeke haben sich die Engl. eine schwere Schlappe. Der Geländegewinn der Engl. ist östl. von Ypern 2 km, nördlich 3½ km die Franzosen hatten bei Bixschoote Erfolge.
2.8. 1917: Der dritte Schlachttag zeigt, daß der englisch-franz. Offensivangriff völlig zusammengebrochen ist. Der Feind ist über den Erfolg vom 31.7. hinausgekommen. An der flanderschen Küste Trommelfeuer an und westlich der Straße Nieport-Westende feindl.
Angriffe, die abgewiesen werden. Am Nachmittag versucht der Feind zwischen Merlsen und Westhoek, vornehmlich bei Draaibank-Langemarck, einzubrechen.
Es mißlang ebenso wie die Angriffe östlich Bixschoote. Die Verluste der Engländer sind außerordentlich hoch.
9.8. 1917: Der Feind mußte sich auf Patrouillenunternehmungen bei Hollebeke, Westhoek, Bixschoote beschränken. Bei H. wurde von uns ein Engländernest ausgenommen. Die Haltung unserer Truppe ist sehr gut. In den Granattrichtern haben die Truppen oft bis an die Schultern im Wasser stehend, mit übermenschlicher Zähigkeit den engl. Sturmangriff standgehalten.
Die Kämpfe in Flandern machten die Truppe so schwach, daß diese auf den ruhigen Frontabschnitt auf den Maashöhen eingesetzt wurde.
Ich kam in ein Köhlerarbeitskommando und verlebte nette und ruhige Tage.
18.10. 1917: Südlich Poelkapelle und westlich Keilberg werden starke engl. Vorstöße abgeschlagen.
21.10. 1917: Ostende wird von Land und See beschossen.
22.10. 1917. Nach 9 tägiger Pause treibt die franz. – engl. Leitung wieder 100 000 Mann in den aussichtslosen Kampf um die U-Boot Basis. Der Feindbricht nach planmäßigem Zerstörungsfeuer zwischen Draaibank und Poelkapelle, nördlich Passchendale und beiderseits Offelurelt vor.
Im starken Ansturm gelingt es den Houthhulster Wald einzudringen. Im Gegenangriff gewinnen wir den Raum.
23.10. 1917: Der Houthulster Wald wird vom Feind gesäubert.
26.10. 1917: Hauptangriff zwischen Boesinghe – Staden und Ypern – Roulers. Viermal stieß der Feind vor. Westlich des Houthoulster Waldes nimmt der Franzose das Gehöft Bultehoek, wird aber ins Trichterfeld zurückgetrieben. Engländer rannten gegen Becelaere-Gheluwelt. Draaibank fiel in die Hand des Feindes.
30.10. 1917: Am Passchendaele heftige Angriffe. Sie werden nach wechselvollen Ringen abgewiesen. Ebenso vergeblich sind die Vorstöße auf Poelkapelle-Zonnebeke und auf Offelurelt.
6.11. 1917: Englische Divisionen greifen auf Poelkapelle bis zur Bahn Ypern-Roulers, Becelaire und Offelurelt an. Passchendaele bleibt in der Hand des Feindes.
Wir wurden wieder abgekämpft aus Flandern herausgezogen und in eine ruhigere Stellung an der Cambrai Arrasstraße gelegt.
Ich wurde plötzlich aus der Truppe entlassen. Ich mußte meinen “Kriegs”-Kameraden Lebewohl sagen.
Die schwersten Tage meiner Kriegszeit sind die 5 Tage in der Sommeschlacht 1916 gewesen, obwohl wir 1917 in der Arras-schlacht und dem zweimaligen Einsatz Schreckliches erlebt haben.
Aber dort an der Arras-straße und in Flandern hatten wir uns schon dran gewöhnt. In der Sommeschlacht begann die neue Kampfart, daß sich die gegenseitigen Artillerien sich und die dazwischen liegenden Infanterien mit ununterbrochenem Trommelfeuer beasten.
Wir waren wohl Artillerie. und Minenwerferfeuer gewohnt, aber doch nur höchstens stundenweise. An der Somme ging es aber Tag und Nacht was auf beiden Seiten aus den Rohren herauswollte. Und dazwischen lagen die armen Infanteristen.
Da war bei den vielen Truppen die moralische Wirkung fast größer wie die (ulæseligt – moralt?) direkte oder natürliche. Da haben wir viele Truppen gesehen die von vorne zurückkamen, die nicht mehr Menschen ähnlich sehen. Das war kein Wunder, denn die meisten Kameraden waren gefallen oder verwundet worden.
Dieses “zwischen den Artillerien liegen” mußte schließlich die besten Nerven aufreiben. Wie wir selbst – meine Kompagnie – aussahen, kann ich nicht sagen, denn in der Nacht vor der Ablösung wurde ich verwundet und kam erst zu mir, als ich auf dem Operationstisch lag.
Doch jeder Mensch – und hauptsächlich der Soldat – gewöhnt sich an alles. Als wir das letzte Mal in Flandern waren wurde behauptet, daß dort an einem Tage mehr Artilleriemunition verschossen wurde als 1916 in der ganzen Sommeschlacht.
Und doch ist es uns nicht halb so schrecklich vorgekommen.
Am 2.5. 1917 erhielt ich das Eiserne Kreutz II Klasse. Es hatte aber damals schon bei den Frontsoldaten den hohen Wert verloren. Es hätte schon I. Klasse sein müssen.
Aus der Arrasschlacht holte mich die Verfügung des General Kommandos heraus, daß in der Front keine G.v. Leute verwendet werden sollten.
Ich wurde nach Hamburg in Marsch gesetzt.
Vom 16.11. 1917-8.2. 1918 lag ich in der Genesenden Komp. des I. Ers. Btl. Des Inf. Regt. 76. Am 9.2.18 kam ich zur I. E. 76, der 2. Komp, der sogenannten Wach-Kompagnie.
Am 16.2. 1918 versetzte man mich zum II. Landsturm Inf. Batl. IX/X Hamburg.
Am 18.2. 1918 Abfahrt nach Bulgarien. Wir lösten Kampffähige Soldaten in der Etappe ab. Da hatten wir es aber geschafft. Da ließ es sich gut im Krieg spielen. Es ging uns so gut wie im Frieden, wenn wir auch in Feindesland war (waren). Jedenfalls gefiel uns dieser Dienst besser als in der Garnison-Wach-Kompagnie. Wer sich längere Zeit im Felde draußen durchgeschlagen hatte, der konnte sich mit dem Garnisondrill befreunden.
Am 15.4.1918 wurde ich gemäß Verfügung des stellvertretenden General Kommandos IX. AK, II b zum Ers. Batl. II Hamburg versetzt. Von hier kam ich zwecks Arbeitsaufnahme zu Matthias Sommer, Meynfeld.
Er konnte für sich und seinen Betrieb, weil er in englischer Gefangenschaft saß, einen G.v. Mann als Verwalter und Arbeiter beanspruchen. Ich wäre damals lieber in Bulgarien und Frankreich geblieben, da mit dem Tage der Einstellung in Meyn die Unterstützung für Frau und Kinder wegfiel und ich und meine Familie nur auf mein Verdienst angewiesen waren.
Es war 1918 nicht mehr leicht eine Familie durchzubringen. Die Lebensmittel waren kanpp und auch für Geld nichts mehr zu kaufen. Es gab als Selsbstversorger immer noch ein kleines Plus – wer aber auf den Kauf angewiesen war, bekam nicht mehr als seine Karten ihm zustanden. Auch war das Geld am Kaufwert gemessen sehr gesunken.
Im Oktober 1918 erhielt ich dann eine Vorladung zur nochmaligen ärztlichen Untersuchung. (Dieses war für alle einstweilig entlassenen G.V. Leuten gleich). Wir wurden alle wieder K.V. geschrieben. Wir sollten uns wieder stellen. Ehe es soweit kam, brach die Revolution aus. Es dauerte nicht lange, da kamen die ersten Truppen zurück und wurden von dem Arbeiter- und Soldatenräten in die Heimat entlassen.
So habe ich die Revolution in der Heimat erlebt und daran nichts gesehen und mitgemacht. Dabei wäre auch nicht viel Ehre zu haben gewesen.
Hans Peter Hansen